Schiffmodell aus Papierbausatz

An der Schaarhörn in 1:250 von HMV Hamburger Modellbaubogen soll der Bau von Papiermodellen geübt werden. Den Anfänger schockt der Bausatz nach dem Auspacken erst einmal. So viele große und kleine Teile machen wenig Hoffnung das Modell zügig fertigzustellen. Zum Glück habe ich auch gleich den passenden Ätzsatz zur Hand, so dass wenigstens ein paar bekannte Arbeitstechniken genutzt werden können.

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Der farbige Bausatz ist zwei DIN-A-4-Seiten groß und enthält eine Unmenge Teile.
Die Anleitung enthält allgemeine Informationen über die Geschichte des Schiffs und über die Bedeutung der verschiedenen Linien. Sonst beschränkt sich sich auf Explosionszeichnungen. Dieses ist in Verbindung mit den in der richtigen Reihenfolge nummerierten Bausatzteile ausreichend.
Rechts auf der Anleitung liegt der noch eingepackte Ätzsatz.

Bevor ich loslege setze ich mich einen Abend ganz in Ruhe hin und betrachte Bausatz und Bauplan eine Weile. Vor dem geistigen Auge baue ich das Schiff zusammen. Das ist sehr wichtig, so fallen kleine Fallen mit großer Wirkung schon vorher auf. Das Deck muss zum Beispiel für die Befestigung des Aufbaus mit Schlitzen versehen werden. Wer das vergisst, hat später Probleme.

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Sehr hilfreich ist auch dieses Foto aus der Vitrine von Scheuer und Strüver, die auf der Dortmunder Messe 2004 ausgestellt war. Hier kann man alle Bauschritte nachvollziehen.

Zum Glück beginnt der Bau recht einfach mit Spanten und Kiel. Doch ist das Ausschneiden der Teile eine Geduldsarbeit. So sitze ich ich nur für diesen Arbeitsschritt 2 Stunden.

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Die Spanten sind fertig.

Nun wird das Deck ausgeschnitten und aufgeklebt. Hier zeigt sich, ob man bei den Spanten sauber gearbeitet hat. Sonst wird das Deck wellig.

Nachdem die Wand des Aufbaus ausgeschnitten ist, soll sie mit den Laschen in die oben schon erwähnten Schlitze gesteckt werden. Doch ist das unmöglich, weil ich die Schlitze mit dem Skalpell nur einfach geschnitten habe. Sie müssen aufgeweitet und vergrößert werden. Nach diesen Anpassungsarbeiten wird die Wand an die Spanten des Aufbaus geklebt.

Nun kommt die erste richtige Hürde. Die ersten Kleinteile (kleiner als 1 cm) müssen zusammengesetzt werden. Es ist eine fürchterliche Fummelarbeit, die ich dann doch irgendwie meistere. Doch auch das Ankleben ist schwierig. Es ist schon ein Unterschied, ob man ein Plastik-, Holz- oder Metallteil mit der Pinzette hält oder Papier. Weil das Papier permanent nachgibt, lässt es sich nicht päzise an den gewünschten Platz schieben. Auch sind die Bauteile hohl und Kanten, an denen man das Teil festhalten könnte, mit Klebstoff benetzt. Jedesmal, wenn mir das Teil von der Pinzette rutscht, steigt mein Respekt vor den Bastlern, die sich auf Papierbausätze spezialisiert haben. Auch ist es wichig, vor dem Ausschneiden der Kleinteile, die außerhalb weitergeführten Linien genau anzuschauen. Sie geben Hinweise auf die Richtung der Knicke. Sind sie erst einmal abgeschnitten, wird es schwierig, sie nachzuvollziehen.

Als nächstes wird die Bordwand angeklebt. Wenn man Schritt für Schritt arbeitet ist es einfacher, als man es sich vorstellt. Der Steven wird zuerst exakt an das Kielschwein geklebt. Nun werden immer drei bis vier Klebelaschen mit Klebstoff benetzt und festgeklebt. Ist man bis zum Heck gekommen, ist der Rumpf schon von alleine formstabil. Trotzdem fülle ich mit Hilfe einer Nadel Klebstoff zwischen Deck und Bordwand. Den oberen Teil des Hecks lasse ich noch offen und klebe die vorderen Innenverkleidungen des freien oberen Teils der Bordwand ein. Hier beginne ich in der Mitte, um die angedeuteten Verstärkungen präzise übereinander kleben zu können. Auf Backboard muss ich die Verkleidung etwas kürzen, damit sie hinter den Steven passt.

Die Innenverkleidung des Hecks benutze ich dafür, die Außenseiten zusammen zu führen und zu kleben. Dazu werden zuerst die vorderen Enden der Innenverkleidung an die Bordwand geklebt und dann die hinteren Enden der Bordwand angeformt. Da diese sich überlappen, muss eine gekürzt werden.

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Das fertige Heck des Schiffs. Hier zeigt sich meine geinge Erfahrung mit solch schwierigen Arbeitsschritten im Papiermodellbau. Die unsaubere Kante unter dem Namen lässt sich sicher besser lösen. Beim Plasik-Modellbau hätte ich dort gespachtelt und geschliffen. Dies geht hier nicht, weil die Beplankung auf das Papier gedruckt ist.

Nach einem vollständigen Arbeitstag bei schönem Wetter und Windstille auf der Terasse (Auch das gibt es bei uns.), muss die Werft erst einmal Pause machen, denn nun werden die ersten Ätzteile benötigt, die noch lackiert werden müssen.

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Das Ergebnis eines Sommertages auf der Terrasse, der unsaubere Übergang zum Heck wird zum Glück durch das Achtergräting verdeckt werden.

Nachdem der Ätzteilesatz grundiert und die ersten Teile weiß lackiert sind, können nun das Oberdeck und die Stützen für das Peildeck montiert werden. Die Stützen entstammen dem Ätzteilesatz und werden mit einem Skalpell herausgeschnitten. Mit recht viel Ponal werden sie unter das Peildeck und an die Bordwand geheftet. Mit einem Tropfen Sekundenkleber müssen sie dann endgültig fixiert werden.

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Die Stützen für das Peildeck sind montiert. Das Schiff steht auf der Ätzplatine mit den Stützen für Steuerbord.
Man erkennt deutlich, dass die Schnittkanten des Oberdecks noch mit Buntstift nachgefärbt werden müssen.

Die Ausrüstung des Oberdecks erfolgt mit vielen kleinen Teilen. Langsam verbessert sich meine Technik. Auch die kleinsten Teile sollten nur Klebenkante für Klebekante gebaut werden. Zwischendurch sollte der Klebstoff trocknen. Wer so ungeduldig ist wie ich, nimmt sich besser zwei Kleinteile gleichzeitig vor. Nach jeder Klebekante wird das Teil gewechselt.

Das Rollen runder Teile geht besser als gedacht. Ich habe allerdings den Schornstein noch nicht gebaut. Das Teil wird noch nicht vollständig ausgeschnitten, damit man es auf einem Zahnstocher rollen kann. Erst wenn es von selbst rund bleibt, kürzt man es und rollt es zwischen den Fingern. Nun sollten die Klebekanten gegeneinander stoßen, so dass sie mit Klebstoff verbunden werden. Man sollte ein gerolltes Teil nicht mit der Pinzette anfassen, da man unweigerlich zu viel Druck ausübt und das Teil platt drückt.

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Für diese drei Teile benötige ich eine Stunde. Die Sitzbank besitzt 6 Knicke. Rechts der gerollte Lüfter, man erkennt, dass ich noch üben muss.

Die Lüfter gelingen ganz gut, sie erhalten eine rote Innenseite aus Lack. Nachdem das Papier die Lackschicht und die Verdünnung vertragen hat, werde ich mutig und lackiere auch den Schornstein. Er sieht gleich um Längen besser aus. Es gelingt mir nicht die feinen Rohre, die am Schornstein motiert sind, auszuschneiden, also lackiere ich einen 0,5 mm-Draht schwarz.

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Beim lackierten Schornstein ist das Papier nicht mehr zu erkennen. Der Lüfter im Vordergrund ist unbehandelt und weist eine viel schlechtere Oberfläche auf. Die Dampfrohre bestehen aus 0,5 mm dickem Draht. Die Halter sind aus einem Stück schwarzer Pappe hergestellt. Hier ließe es sich präziser arbeiten.

Die Reling und die Treppen sind aus dem Ätzsatz. Sie zu montieren geht einfach von der Hand und gibt dem Schiff schon ein filigraneres Aussehen. Bei der weiteren Detaillierung merke ich stark meine Grenzen. Die Ankerwinde überfordert mich ein wenig. Sie ist krumm und schief, wird aber trotzdem montiert.

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Die montierte Ankerwinde

Bei der Montage der Davids und der Lagerböcke für die Beiboote, zeigt sich, dass ich nicht sehr genau gearbeitet habe. Es muss schon viel Anpassungsarbeit geleistet werden. Eine Geduldsprobe sind die 2 mm großen Verstärkungsdreiecke, die angeklebt werden müssen. Ich habe alle vier angeklebt und keines verloren. Faszinierend finde ich, wie man mit etwas Ritzen und Falten aus einem Stück Papier einen Beibootrumpf herstellen kann.

Die Masten sind aus Schaschlik-Spießen, die ich in die Bohrmaschine einspanne und mit Schleifpapier nach oben hin verjünge. Natürlich werden sie mit Klarlack lackiert. Sie werden in die Löcher im Deck geklebt. Zuerst montiere ich die geätzten Wanten. Sie werden unten leicht abgeknickt, damit sie parallel zur Bordwand stehen. Mit Ponal werden sie an Bordwand und Mast fixiert und später mit Sekundekleber dauerhaft befestigt. Das ist keine leichte Arbeit, da die Pinzette immer irgendwo gegenstößt. Wenn ein Wand unten befestigt ist, fällt es oben wieder ab. Ich hoffe die Nachbarn haben nicht meine Flüche nicht gehört. Die restlichen Stagen und Wanten befestige ich mit Sekundenkleber am Papier und knote sie an den Masten an.

Natürlich bastele ich noch ein paar zeitgemäße Flaggen, die ich an lackierte Stecknadeln hisse. Hierbei achte ich auch darauf, dass sie alle der Windrichtung entsprechend auswehen.

Fazit

Das Zusammensetzen von Papierbausätzen mit großer Detailierung ist nicht einfach. Wie bei allen modellbauerischen Tätigkeiten gehört eine Menge Erfahrung in dieser gänzlich anderen Technik dazu, ein Modell präzise zu bauen. Das Material Papier hat eine besondere Struktur, die mit der Wirkung einer lackierten Fläche nicht mitkommt. Doch scheint es mit einiger Vorsicht auch möglich, zusammengesetzte Teile zu lackieren.
Wenn das Modell nicht gerade an der Anlagenvorderkante plaziert wird, ergibt sich trotzdem eine ernstzunehmende Alternative, insbesondere für Zubehör, dass es im Maßstab 1:220 sonst nicht gibt.
Ideal finde ich Papierbausätze, wenn man im Urlaub nicht auf seine geliebten Basteleien verzichten möchte. Allerdings kann muss man auf die Gestaltung mit Hilfe von Lackfarben verzichten. In den Koffer gehören nur wenige Teile:

  • Schneidunterlage
  • Skalpell mit frischer Klinge
  • Kleine und große Schere
  • Ein kleines Töpfchen mit Ponal
  • Dazu eine Stecknadel
  • Pinzette
  • Buntstifte in den zum Bausatz passenden Farben
  • Papierbausatz
  • Evtl. vollständig lackierter Ätzsatz
  • Schachtel für das fertige Modell

Bilder des fertigen Modells

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